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Musikerinnen und Musiker arbeiten auf vielfältigste Weise. Wie sie versichert sind, wie sie für das Alter vorsorgen können, hängt massgeblich davon ab, ob sie als Selbständigerwerbende oder als Arbeitnehmer*innen tätig sind. Die sogenannten Freischaffenden sind Arbeitnehmer*innen. Das schweizerische Sozialversicherungsrecht stellt vor allem auf den Status der Erwerbstätigkeit ab.
Musikerinnen und Musiker arbeiten auf vielfältigste Weise. Wie sie versichert sind, wie sie für das Alter vorsorgen können, hängt massgeblich davon ab, ob sie als Selbständigerwerbende oder als Arbeitnehmer*innen tätig sind. Die sogenannten Freischaffenden sind Arbeitnehmer*innen. Das schweizerische Sozialversicherungsrecht stellt vor allem auf den Status der Erwerbstätigkeit ab.
Im Sinne der Sozialversicherungen gilt als selbständigerwerbend, wer unter eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko arbeitet, in unabhängiger Stellung, nicht weisungsgebunden und nicht in die Organisation des Auftraggebers integriert ist. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstehen demgegenüber der Weisung des Arbeitgebers, d.h. dieser darf bestimmen, wie wann und wo zu arbeiten ist. Der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers steht die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers gegenüber.
«Freischaffend» ist nicht gleichzusetzen mit selbständigerwerbend. Der überwiegende Teil der freischaffenden Musikerinnen und Musiker steht für die Dauer des jeweiligen Engagements in einem Arbeitsverhältnis (Bsp. Orchestermusiker, Kammermusikformationen, Lehrtätigkeit an einer Musikschule etc.). Selbständige Musikerinnen und Musiker werden demgegenüber unter vielfältigen Vertragsformen verpflichtet, die man am ehesten dem Auftrags- oder dem Werkvertragsrecht zuordnen kann. Die Abgrenzungen sind allerdings häufig unscharf.
Zum Werkvertrag: Geschuldet ist ein «Werk» künstlerischer oder schöpferischer Natur. Zu denken ist z.B. an einen Konzertvertrag oder einen Kompositionsauftrag (geschuldet ist die Konzertaufführung, die fertige Komposition; man nennt dies den «Erfolg»).
Zum Auftrag: Geschuldet ist ein Tätigwerden für den Auftraggeber (nicht aber ein «Erfolg» wie beim Werkvertrag). Auftragsrecht kann zum Beispiel gelten für das Verhältnis zwischen einem Solo-Musiker, der von einer Gruppe für einzelne Konzerte engagiert wird, oder das Verhältnis zwischen dem bandeigenen Tontechniker und der Musikgruppe.
Der Status der Erwerbstätigkeit (selbständig/unselbständig) ist massgebend für die Unterstellung und/oder die Finanzierung bei den meisten Sozialversicherungen wie Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), Invalidenversicherung (IV), Arbeitslosenversicherung (ALV), Mutterschaftsversicherung (EO), Unfallversicherung (UV), Berufliche Vorsorge (BV), aber auch für die steuerrechtliche Behandlung.
Achtung:
Für Freischaffende, die auch im Ausland arbeiten, sind die Freizügigkeitsabkommen mit der EU zu beachten. Die Unterstellung erfolgt nur in einem einzigen Land. Grundsatz: Es gilt das Sozialversicherungsrecht des Erwerbsorts. (Bsp.: Wer in der Schweiz wohnt und ausschliesslich in Deutschland arbeitet, muss in Deutschland versichert werden). Ausnahme: Wer in mehreren Staaten arbeitet, muss im Wohnsitzland versichert werden, wenn auch im Wohnsitzland ein wesentlicher Teil der beruflichen Tätigkeit (mindestens 25%) ausgeübt wird. (Bsp.: Wer in der Schweiz wohnt und Engagements in der Schweiz, in Österreich und in Frankreich hat, muss in der Schweiz versichert werden). Die KünstlerInnen müssen ihren ausländischen Arbeitgebern mit dem Formular A 1 (bei den AHV-Ausgleichskassen zu bantragen) bestätigen, dass sie in der Schweiz versichert sind. Der ausländische Arbeitgeber rechnet entweder direkt mit den schweizerischen Versicherungen ab, oder er zahlt der Arbeitnehmerin seinen Arbeitgeberbeitrag zusätzlich zum Lohn aus; die Arbeitnehmerin muss dann in der Schweiz selber mit den Versicherungen abrechnen.
Versichert gegen die Folgen von Arbeitslosigkeit sind unselbständig Erwerbstätige. Selbständigerwerbende unterstehen der Arbeitslosenversicherung nicht; eine freiwillige Unterstellung ist nicht möglich. Die Finanzierung erfolgt zu gleichen Teilen durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer und beträgt insgesamt 2.2% des Bruttolohnes (für Jahreslöhne ab CHF 148’200 wird ein zusätzlicher Solidaritätsbeitrag von 1% erhoben). Arbeitnehmende haben Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, wenn sie:
Achtung: Die Anzahl der Taggelder hängt von der Beitragszeit, dem Alter der Versicherten und dem Vorliegen von Unterhaltspflichten ab (Personen unter 25 Jahre oder mit Unterhaltspflichten erhalten weniger resp. mehr Taggelder).
Versicherte, die in den letzten 4 Jahren vor Erreichen des AHV-Alters arbeitslos werden, haben Anspruch auf zusätzliche 120 Taggelder.
Wer nach einer Ausbildung keine Stelle findet, muss eine Wartezeit von 120 Tagen in Kauf nehmen und kann anschliessend lediglich maximal 90 Taggelder beziehen. Auch wer von der Erfüllung der Beitragszeit befreit ist, kann lediglich 90 Taggelder beziehen.
Viele freischaffende Künstlerinnen und Künstler erreichen die erforderlichen Beitragszeit von mindestens 12 Monaten nicht, da ihre verschiedenen Engagements oft nicht nahtlos ineinander übergehen, teilweise auch nur in einzelnen Tageseinsätzen bestehen. Deshalb hat der Bundesrat bestimmt, dass bei Arbeitnehmenden in Berufen, bei denen häufig wechselnde oder befristete Anstellungen üblich sind, jeweils die ersten 60 Tage solcher Engagements doppelt gezählt werden. Dies gilt auch für freischaffende Musikerinnen und Musiker.
Achtung: Wer nicht bereit ist, eine Festanstellung (Dauerstelle), notfalls auch in einem berufsfremden Gebiet, zu suchen, gilt als nicht vermittlungsfähig. Bei Arbeitslosigkeit ist deshalb zu empfehlen, sich möglichst breit zu bewerben und insbesondere auch nach Dauerstellen zu suchen. Für arbeitslose Personen unter 30 Jahren gilt zudem, dass sie unabhängig von ihrer Qualifikation jede zumutbare Arbeit annehmen müssen.
Die wesentlichen Leistungen der Arbeitslosenversicherung bestehen in einem angemessenen Ersatz von Erwerbsausfall wegen Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, schlechtem Wetter und Insolvenz des Arbeitgebers. Ferner leistet die Versicherung Beiträge für Beratung und Arbeitsvermittlung oder arbeitsmarktliche Massnahmen (Bildungs-, Beschäftigungsmassnahmen). Die Höhe des Taggelds beträgt 70% – 80% des massgeblichen versicherten Verdienstes, der auf eine Maximalhöhe von CHF 148’200 begrenzt ist. Bei variablem Verdienst zählt der durchschnittliche Lohn der letzten 6 oder (falls vorteilhafter) 12 Monate vor Beginn der Rahmenfrist.
Unser Sozialversicherungssystem basiert auf 3 Säulen: Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), Berufliche Vorsorge (BV) und Private Vorsorge (3. Säule, wird hier nicht weiter behandelt). Eine unzureichende Altersvorsorge kann zudem durch staatliche Ergänzungsleistungen (EL) aufgefangen werden.
Alle, die in der Schweiz wohnen und/oder arbeiten, sind in der AHV versichert, also Unselbständig- und Selbständigerwerbende, aber auch Nichterwerbstätige oder Bezüger einer Invalidenrente.
Bei Arbeitnehmenden erfolgt die AHV-Abrechnung durch den Arbeitgeber. Arbeitnehmende und Arbeitgeber zahlen total je 5.05% vom Lohn (AHV/IV); die Verwaltungskosten trägt der Arbeitgeber. Selbständigerwerbende rechnen direkt mit der AHV ab und zahlen ihre Beiträge selber. Die Beitragssätze sind abhängig von der Einkommenshöhe; ab einem Jahreseinkommen von CHF 57’400 betragen sie 9.5% (AHV/IV, ohne EO).
Bei geringfügigen Löhnen von weniger als CHF 2’300 pro Jahr muss der Arbeitgeber nur dann AHV-Beiträge abrechnen, wenn der Arbeitnehmer dies ausdrücklich verlangt. Es empfiehlt sich, auch für kleine Löhne die AHV-Beiträge zu verlangen, denn sonst werden diese Engagements auch nicht als Beitragszeiten bei der Arbeitslosenversicherung angerechnet.
Achtung: Folgende Arbeitgeber müssen für alle ihre Arbeitnehmenden ab dem ersten Franken AHV-Beiträge abrechnen: Tanz- und Theaterproduzenten, Orchester, Phono- und Audiovisionsproduzenten, Radio und Fernsehen, Schulen im künstlerischen Bereich.
Sofern keine Beitragsjahre fehlen, beträgt eine Rente der AHV mindestens CHF 1’195, höchstens CHF 2’390.
Obligatorisch zu versichern sind Arbeitnehmende, die einen Arbeitsvertrag von mindestens 3 Monaten Dauer abgeschlossen haben und einen Jahreslohn von mindestens CHF 22’050 erzielen. Versichert sind Leistungen im Alter, bei Invalidität und im Todesfall.
Freischaffende mit häufig wechselnden und befristeten Engagements sind aufgrund dieser Eintrittsschwellen (Vertragsdauer, Mindestverdienst) von der obligatorischen zweiten Säule ausgeschlossen. Selbständigerwerbende unterstehen dem BVG-Obligatorium von vorneherein nicht.
Freiwillige Versicherung: Selbständigerwerbende und Freischaffende mit wechselnden Arbeitgebern können sich freiwillig versichern. Wenn die verschiedenen Arbeitgeber über die Versicherung informiert werden, sind sie verpflichtet, sich an den BVG-Beiträgen zu beteiligen, auch wenn das Arbeitsverhältnis weniger als 3 Monate dauert. Voraussetzung ist aber, dass die versicherte Person insgesamt, also mit allen Engagements, einen Jahreslohn von mindestens CHF 22’050 erzielt. Selbständigerwerbende zahlen ihre Beiträge vollumfänglich selber.
Der SMV empfiehlt freischaffenden Musikerinnen und Musikern, sich entweder bei der Pensionskasse Musik und Bildung oder bei der Charles Apothéloz-Stiftung CAST zu versichern.
Bezügerinnen und Bezüger von AHV- oder IV-Renten haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Ergänzungsleistungen, wenn ihre Renten nicht ausreichen, um einen minimalen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Gerade Künstlerinnen und Künstler, die über keine Pensionskasse verfügen und sich eine private Altersvorsorge nicht leisten konnten, sind häufig auf Ergänzungsleistungen angewiesen.
Die Beiträge an die EO (Mutterschaft/Vaterschaft/Erwerbsausfall Dienstleistende) betragen für Arbeitnehmende und Arbeitgeber je 0.25%.
Invalid ist, wer voraussichtlich für eine längere Zeit ganz oder teilweise erwerbsunfähig ist (Erwerbsunfähigkeit ist nicht das gleichbedeutend mit Arbeitsunfähigkeit: wer in seinem angestammten Beruf nicht mehr arbeiten kann, wohl aber in einer anderen Tätigkeit, der ist nicht erwerbsunfähig).
Der Invaliditätsgrad wird nicht medizinisch, sondern wirtschaftlich bestimmt: Es wird verglichen, was jemand als Gesunder verdienen konnte und was er nach Eintritt der Invalidität noch verdienen könnte. Die Differenz ist der Grad der Invalidität. Schwierigkeiten ergeben sich bei der Feststellung des Invaliditätsgrades von Selbständigerwerbenden.
Die Leistungen der IV erfolgen nach dem Grundsatz «Eingliederung vor Rente»: Erst wenn alle beruflichen und medizinischen Massnahmen ausgeschöpft sind, wird eine Rente bezahlt. Die Renten sind nach dem Grad der Invalidität abgestuft (ab 40% Viertelsrente, ab 50% halbe Rente, ab 60% Dreiviertelsrente, ab 70% ganze Rente). Sofern keine Beitragsjahre fehlen, beträgt eine Rente der IV für volle Invalidität mindestens CHF 1’195, höchstens CHF 2’390.
Viele freischaffende KünstlerInnen erzielen mit ihrer Arbeit keine hohen Einkommen. Wer im angestammten Beruf arbeitsunfähig ist (z.B. ein Musiker mit Gehörschaden), eine andere Tätigkeit medizinisch gesehen aber ohne Einschränkung ausüben und damit ähnlich viel verdienen könnte (z.B. Bürojob), der ist nicht invalid!
Nebst der IV ist die Invalidität auch in der beruflichen Vorsorge versichert: Wer eine Pensionskasse hat, erhält von dieser ebenfalls eine Rente (bei Invalidität wg. Unfall allerdings beschränkt). Bei Invalidität wegen Unfall zahlt zudem auch die Unfallversicherung des Arbeitgebers eine Rente. Entsteht dadurch eine Überversicherung (mehr als 90% des früheren Verdienstes), werden die verschiedenen Renten gekürzt.
Achtung: Wer wegen Krankheit invalid wird und keine Pensionskasse hat, erhält einzig Leistungen der IV (und gegebenenfalls Ergänzungsleistungen vom Staat).
Haftpflicht gegenüber Veranstaltern
Hierfür ist keine Versicherung nötig, da der Musiker nur bei eigenverschuldeter Absage haftet (also nicht bei Krankheit, Unfall…).
Absage durch Veranstalter
Sagt der Veranstalter nach Vertragsabschluss mit dem Musiker die Veranstaltung ab, muss er den vereinbarten Lohn trotzdem bezahlen. Allerdings muss sich der wieder frei gewordene Musiker anrechnen lassen, was er als Ersatzeinkommen verdiente, oder er muss nachweisen, dass er kein Ersatzengagement hat finden können (was sich bei kurzfristiger Absage natürlich erübrigt).
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